13. März 2024 Alternatives Beschaffungskonzept
Mit der „Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen“ vom 17.08.2023 sind bekanntlich die bisherigen deutschen Sonderregelungen für die Auftragswertermittlung von Planungsleistungen entfallen (siehe TSP-News vom 25.10.2023). Bis zur Streichung von § 3 Abs. 7 S. 2 VgV war es allgemein für zulässig erachtet worden, die Schwellenwerte für Lose über nicht gleichartige Planungsleistungen getrennt zu ermitteln. Dies hatte zur Folge, dass zahlreiche Planungsaufträge unterhalb des europaweiten Schwellenwerts, also nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsrechts – zumeist nach § 50 UVgO freihändig – vergeben werden konnten. Die Streichung des § 3 Abs. 7 S. 2 VgV führt dazu, dass auch bei der Vergabe von Planungsleistungen der geschätzte Gesamtwert durch die Addition aller Fachlose zu ermitteln ist. Dies bedeutet oftmals, dass bereits bei Bauvorhaben mit Gesamtkosten von ca. 860.000 € Planungsleistungen europaweit auszuschreiben sind.
Im Zuge der Streichung des § 3 Abs. 7 S. 2 VgV hat die Bundesregierung daher selbst ein alternatives Beschaffungskonzept ins Spiel gebracht. Es besteht in einer gemeinsamen – nicht notwendig gleichzeitigen – Vergabe von Planungs- und Bauleistungen mit einer Fachlosbildung jedenfalls betreffend die einzelnen Planungsleistungen. Für eine solche gemeinsame Vergabe würde der Schwellenwert für die Vergabe von Bauleistungen in Höhe von netto 5.538.000 Euro und nicht der von Planungsleistungen in Höhe von netto 221.000 Euro zur Anwendung kommen. Sollte der Wert insgesamt unter netto 5.538.000 Euro bleiben, könnten alle Planungs- und Bauleistungen unterschwellig ausgeschrieben werden. Oberhalb des Schwellenwertes könnte zudem die sog. 80/20-Regel nach § 3 Abs. 9 VgV greifen. Fachlose für Planungsleistungen könnten bis zu einem Loswert von jeweils 1 Mio. € unterschwellig ausgeschrieben werden, soweit die Summe dieser Lose 20 Prozent des Gesamtwertes aller Lose nicht überschreitet.
Dass dieses alternative Beschaffungskonzept vergaberechtskonform ist, haben die Bundesingenieurkammer, die Bundesarchitektenkammer, die AHO und der VBI gemeinsam durch ein Rechtsgutachten der Ludwig-Maximilians-Universität in München klären lassen. Das Gutachten finden Sie hier. Allerdings existiert hierzu keine Rechtsprechung. Es besteht die Gefahr, dass die Rechtsprechung in diesem alternativen Beschaffungskonzept eine Verletzung der Umgehungsverbote nach § 111 Abs. 5 GWB bzw. nach § 3 Abs. 2 VgV sieht. Vorsicht gilt zudem dann, wenn Zuwendungen in Anspruch genommen werden. In diesem Fall muss sorgfältig geprüft werden, ob die Zuwendungsbestimmungen dieses alternative Beschaffungskonzept erlauben.