Referentenentwurf eines Gesetzes zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz)

Der Wohnungsneubau in Deutschland ist aus einer Vielzahl von Gründen schwieriger geworden. Die hohen Baukosten sind auch darauf zurückzuführen, dass die Baustandards in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen sind und weiter steigen. Unter dem Schlagwort „Gebäudetyp E“ wird daher gefordert, einfacheres, innovativeres und kostengünstigeres Bauen zu ermöglichen. Anders als der Begriff vermuten lässt, steht „Gebäudetyp E“ jedoch nicht für einen bestimmten, technisch spezifizierten Gebäudetyp, sondern für den Wunsch nach flexibleren Planungsmöglichkeiten.

Die Bauministerkonferenz der Länder hat auf diese Forderung für das öffentliche Recht bereits reagiert und in § 67 der Musterbauordnung (MBauO) eine Mustervorschrift geschaffen, nach der vereinfacht von bauordnungsrechtlichen Anforderungen abgewichen werden kann. Die Länder haben diese Vorschrift in ihren Landesbauordnungen bereits umgesetzt oder werden dies noch tun.

Für das Zivilrecht sind Änderungen durch den vom Bundesministerium der Justiz am 29.07.2024 veröffentlichten Referentenentwurf eines Gesetzes zur zivilrechtlichen Erleichterung des Gebäudebaus (Gebäudetyp-E-Gesetz) vorgesehen.

Danach soll in § 650a BGB in einem neuen Absatz 3 erstmals eine Regelung zu den anerkannten Regeln der Technik geschaffen werden. Für sicherheitsrelevante Normen wird eine neue gesetzliche Vermutung geschaffen, dass diese zu den anerkannten Regeln der Technik gehören. Für Komfort- und Ausstattungsmerkmale wird umgekehrt vermutet, dass sie nicht den anerkannten Regeln der Technik angehören. Darüber hinaus soll ein neues Kapitel 4 „Gebäudebauverträge zwischen fachkundigen Unternehmern“ speziell für den „Gebäudetyp E“ eingefügt werden. Der neue § 650o Absatz 1 BGB-E regelt den Anwendungsbereich. § 650o Absatz 2 BGB-E regelt neu eine Ausnahme von der bisherigen Aufklärungspflicht: Bei Verträgen zwischen fachkundigen Unternehmern über Bauleistungen an Gebäuden und Außenanlagen soll künftig keine Pflicht mehr bestehen, über Risiken und Folgen eines Abweichens von den anerkannten Regeln der Technik aufzuklären. Damit wird eine Vielzahl von Verträgen im Baubereich vereinfacht. 650o Abs. 3 BGB-E sieht weitere Abweichungen vom Sachmangel (§ 633 BGB) vor. Stellt der Unternehmer ein funktionstaugliches Werk unter Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik her, soll die bloße Abweichung keinen Sachmangel mehr begründen, wenn die Sicherheit und dauerhafte Gebrauchstauglichkeit des Werks auf andere Weise gleichwertig gewährleistet ist und der Unternehmer den Besteller vor Ausführung der Arbeiten auf die Abweichung hinweist.

Demgegenüber sollen Verbraucher, aber auch nicht fachkundige Unternehmer, aufgrund ihrer fehlenden Branchenkenntnisse weiterhin den Schutz genießen, den das geltende Recht gewährleistet. Für sie soll die Neuregelung des § 650o BGB-E daher nicht gelten. Zwar können auch sie Bauverträge zum Gebäudetyp E abschließen, also von den anerkannten Regeln der Technik abweichen oder eine gleichwertige Ausführung im Zuge der Bauausführung akzeptieren. Für eine solche Vereinbarung soll es aber bei der bisherigen Rechtsprechung bleiben, wonach der Auftraggeber grundsätzlich über die Risiken und Folgen der Abweichung aufzuklären ist. Auch bleibt es bei den allgemeinen Regelungen zum Sachmängelrecht im Werkvertrag (§ 633 BGB).
Der Entwurf soll im Herbst 2024 vom Kabinett beschlossen werden. Anfang 2025 soll das Gesetz in Kraft treten.